Sauerteig stellt neben Hefeteig eine großartige Variante fürs Brot selber backen dar. Als ich mein erstes Sauerteigbrot hergestellt habe, war ich überwältigt vom Geschmack, und nahm mir vor, von jetzt an weniger mit Hefe und mehr mit Sauerteig zu backen. Ein eigener Sauerteig ist ein Projekt, wie ein kleines Haustier. Meiner heißt übrigens Roger.
Sauerteigbrot hebt sich nicht nur geschmacklich vom Hefeteigbrot ab, sondern hat auch eine längere Haltbarkeit. Sauerteig enthält nämlich Milchsäurebakterien, Essigsäure und Hefepilze, welche sich im Laufe der mehrtägigen Gärung bilden. Das klingt erstmal gar nicht so appetitlich. Aber nicht abschrecken lassen-diese kleinen Lebewesen machen dein Brot erst zu dem, was es am Ende werden soll: saftig, luftig und einfach nur wahnsinnig lecker!
Bevor du dein erstes eigenes Sauerteig-Brot backen kannst, musst du den Sauerteig jedoch erstmal ansetzen und dann groß und stark werden lassen. Und das geht wie bei einem Haustier: füttern, füttern, füttern! Und gaaanz viel Liebe.
Und ehe du dich versehen hast, wird dein Mehl-Wasser-Welpe (binnen 4 Tagen) zu einem ausgewachsenen Sauerteig- und du kannst endlich dein erstes Brot backen!
Tag 1: Ansetzen des Sauerteigs
Das Zuhause deines neuen Sauerteiges sollte ein Behältnis wie ein Einmachglas mit einem Volumen von mindestens 1,5 Litern sein. Dabei ist es wichtig, dass das Gefäß sauber ist!
Zutaten
Am gängigsten und am einfachsten handzuhaben ist Sauerteig aus Roggenmehl. Aber auch Dinkel- oder Weizenmehl bieten sich zur Herstellung des Sauerteiges an. Wichtig bei der Mehl-Wahl ist, dass es sich möglichst um Vollkornmehl, oder zumindest Mehl mit einer hohen Type-Zahl handelt. Die Typisierung gibt übrigens den mittleren Mineralstoffgehalt des Mehls an.
Das verwendete Wasser sollte lauwarm sein. Ein Milliliter Wasser entspricht einem Gramm.
Die beiden Zutaten sollten genau abgewogen und mit einem sauberen Holzlöffel gut durchgerührt werden. Der entstehende Teig hat eine leicht flüssige Konsistenz, etwa wie die von Waffelteig. Und schon grinst dich dein Sauerteig-Ansatz an!
Wenn am Rand des Glases Teigreste hängengeblieben sind, rühre diese wieder unter den Teig oder wische sie mit einem sauberen Küchentuch weg. Ansonsten könnte sich hier Schimmel bilden, da die Sauerteigkulturen in den kleinen Bröckchen nicht stark genug sind, um sich gegen böse Schimmelbakterien durchzusetzen.
Lege einen Deckel auf dein Behältnis. Achte aber darauf, dass Luft in das Glas und aus dem Glas herauskommt. Dein neuer Kumpel will schließlich atmen!
Am besten findet dein Sauerteig eine warme Umgebung mit einer konstanten Temperatur von 25-30 Grad Celsius. Die Aussicht ist dem Sauerteig egal, er fühlt sich wohl im Backofen bei eingeschalteter Lampe (diese reicht meist aus, um die Luft im Ofen auf 25-30 Grad zu erwärmen), aber auch neben dem WLAN-Router oder auf einer konstant heizenden Heizung.
Wenn du alles richtig machst, wird er angenehm säuerlich riechen, wie ein milder Essig oder Apfelsaft und fröhlich Blasen bilden. Du siehst-der Sauerteig ist lebhaft wie ein neuer Mitbewohner! Während er langsam vor sich hinwächst, solltest du dir also mal Gedanken um einen ehrenhaften Namen machen.
Tag 2 & 3: Züchtung des Sauerteiges
Nachdem du Mehl und Wasser wie oben angegeben zu einem Teig verrührt und an einen warmen Ort gestellt hast, musst du 12 Stunden warten. Dann sollte der Teig erneut (mit einem sauberen Löffel!) gut umgerührt werden. Deckel drauf – so, dass noch Luft zirkulieren kann, zurück an den warmen Ort – und weitere 12 Stunden gedulden.
24 Stunden und einmal Rühren nach dem Ansetzen des Sauerteiges kannst du deinen Kumpel endlich füttern. Wiege dafür 75 Gramm Mehl und 75 Milliliter lauwarmes Wasser ab und gebe dies zum Sauerteig dazu. Gut umrühren, und wieder in die Wärme. Nach 24 Stunden kannst du den Teig erneut füttern, wie gerade beschrieben.
An Tag 4 ist dein Sauerteig endlich Ready for Take-off! Du kannst jetzt 400g des Sauerteigs entnehmen und daraus ein Brot backen. Die Anleitung dazu findest du weiter unten!
Also nochmal zur Übersicht:
- 75g Mehl + 75g Wasser verrühren und für 12 Stunden warm lagern.
- Den Sauerteig umrühren und zurück an einen warmen Ort stellen. Erneut 12 Stunden warten.
- 75g Mehl + 75g Wasser abwiegen und unter den Sauerteig rühren. Den Sauerteig für 24 Stunden an einen warmen Ort stellen.
- Wieder 75g Mehl + 75g Wasser abwiegen und unter den Sauerteig rühren. Den Sauerteig für 24 Stunden an einen warmen Ort stellen.
- 400g vom Sauerteig entnehmen, um daraus Brot zu backen.
Beobachtung des Sauerteiges
Du solltest deinen Sauerteig regelmäßig kontrollieren- am besten bei der täglichen Fütterung. Bemerkst du einen ungewöhnlichen Geruch, eine Änderung der Farbe wie dunkle Flecken oder eine dunkle Färbung der Flüssigkeit, solltest du den Teig lieber entsorgen. Denn dies sind Hinweise für eine Schimmelbildung. Verliere nicht den Mut, manchmal braucht es mehrere Anläufe zur perfekten Sauerteigkultur- und diese kann dir im Bestfall noch ein jahrelanger treuer Begleiter sein!
Rezept: Sauerteig-Brot backen
Zutaten
Wenn dein Sauerteig noch sehr jung ist, solltest du zum Teig zusätzlich 5 Gramm Trockenhefe hinzugeben. Der Sauerteig ist anfangs noch nicht so triebstark.
Für das Brot solltest du erstmal 1150er Mehl verwenden, da es sein kann, dass das Brot bei einem jungen Starter mit Vollkornmehl nicht so gut aufgeht. Taste dich mit jedem Brot an eine Mischung aus Vollkorn und 1150er Mehl heran, bis du die perfekte Mischung gefunden hast und dein Sauerteig ein bisschen älter geworden ist.
Zubereitung
- Den Sauerteig, Mehl und 250ml Wasser verrühren. Wenn der Teig klebrig ist, nach und nach so oft Wasser hinzugeben, bis der Teig nicht mehr an den Fingern kleben bleibt (aber maximal 450ml Wasser).
- Salz zum Teig dazugeben und 5 Minuten mit der Hand oder einer Küchenmaschine kneten.
- Nun sollte der Teig rund 4 Stunden gehen. Stelle ihn dafür mit einem sauberen Tuch abgedeckt an einen warmen Ort. Dafür den Ofen auf 50 Grad Celsius heizen und ausstellen. Das Brot in den warmen Ofen schieben.
- Der Teig kann nach dem ersten Gehen in die gewünschte Form gebracht werden: entweder als runder Brotlaib oder länglich für eine Brotform.
- Den Teig auf ein Blech oder in die Brotform geben und weitere 20 Minuten gehen lassen.
- Den Ofen auf 240 Grad Celsius Ober-/Unterhitze vorheizen. Falls ein Pizzastein vorhanden ist, diesen ebenfalls im Ofen aufheizen. Eine Auflaufform mit Wasser im Ofen sorgt dafür, dass das Brot nicht zu trocken wird und eine schöne Kruste bekommt.
- Das Brot im aufgeheizten Ofen 10 Minuten bei 240 Grad backen. Die Temperatur dann auf 190 Grad herunterdrehen und das Brot weitere 50-55 Minuten backen.
- Um zu prüfen, ob das Brot innen gar ist, kannst du einen Zahnstocher oder ein Essstäbchen aus Holz in das Brot stechen. Bleibt kein Teig an dem Stäbchen hängen, ist das Brot fertig. Es sollte hohl klingen, wenn du von unten gegen die Kruste klopfst.
Kleiner Tipp: Bei mir wird das Brot häufig zu dunkel. Solltest du dasselbe Problem haben, kann ein Stück Alufolie ganz leicht Abhilfe schaffen: Wenn du sie beim Backen über das Brot legst, wird die Kruste nicht mehr dunkler.
Weiterverarbeitung des übrigen Anstellguts
Am vierten Tag solltest du 450g Sauerteig haben. Nach dem Backen mit 400g des Sauerteigs bleiben also noch 50g übrig.
Für den Fall, dass du schon total begeistert bist von dem Sauerteig-Projekt, solltest du das Glück auf jeden Fall mit deinen Freunden und deiner Familie teilen. Gib ihnen nach einem weiteren Tag des Fütterns einfach 50g deines Teigs und diese Anleitung, und schon kannst du mit deinen Liebsten um die Wette backen!
Du kannst den restlichen Sauerteig aber auch wie gewohnt täglich mit 75g Mehl und 75ml Wasser füttern und an dem gewohnten, warmen Ort lagern. Dann hast du allerdings nach 3 Tagen wieder genug Sauerteig (es sollten 500g sein, wenn dein Teig kein schlecht erzogenes, ausbüchsendes Untier ist), um ein neues Brot zu backen.
Wenn du nicht alle paar Tage neues Brot backen möchtest, kannst du den Sauerteig in den Kühlschrank verbannen. Bei den niedrigen Temperaturen in der neuen Umgebung finden die Gärprozesse nur noch stark verlangsamt statt. Für die Aufbewahrung im Kühlschrank genügen 50g des Sauerteigs.
Achtung: Auch im Kühlschrank sollte der Deckel so aufliegen, dass dein Freund noch genug Luft bekommt!
Du kannst ihn hier bis zu einer Woche lagern, und dann erneut wie zu Anfang an einem warmen Ort lagern und täglich füttern, um nach ein paar Tagen ein Brot daraus zu backen. Wenn du den Sauerteig aus dem Kühlschrank nimmst, solltest du ihn erstmal mit 225g Mehl und 225ml lauwarmem Wasser reanimieren und für 24 Stunden an einen warmen Ort stellen. Dann kannst du ihn wie gewohnt täglich mit 75g Mehl und 75ml Wasser füttern, oder zu einem Brot verarbeiten.
Wenn du deinen Freund länger als eine Woche im Kühlschrank aufbewahren willst, solltest du ihn mindestens einmal wöchentlich aus dem Kühlschrank nehmen und mit 50g Mehl und 50g Wasser füttern. Er sollte dann 24 Stunden an einem warmen Ort (wieder 25-30 Grad Celsius) stehen, und ist dann wieder bereit für eine weitere Woche in der Arktis der Sauerteige. Wenn du den Sauerteig weiter verwenden willst, musst du ihn wie oben beschrieben einfach mit 225g Mehl und 225ml lauwarmen Wasser füttern und dann 24 Stunden an einem warmen Ort lagern. Danach erfolgt die gewohnte tägliche Fütterung oder das Brotbacken.