Wie habe ich 30 Tage mit nur 30 Kleidungsstücken erlebt? Was habe ich gelernt? Würde ich es nochmal machen?
Meinen Artikel vom Anfang der Challenge ließt du hier.
Als ich vor etwa 5 Wochen das Interview mit Andrea Gerhard gelesen hatte, war es schon um mich geschehen. Sie sagte:
„Ich werde durch die Beschränkung kreativer und kombiniere Teile neu.“
Andrea Gerhard, im Interview mit dem dm-Magazin alverde
Ihre Perspektive inspirierte mich so sehr, dass ich sofort selbst ausprobieren musste, mit weniger Kleidung zu leben. Und so ist das mit mir, wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann muss ich es umsetzen:
Daher fiel es mir nicht weiter schwer, mich für 30 Teile zu entscheiden, die ab nun 30 Tage zu meiner Auswahl an der Stange hängen würden. Der Rest landete ordentlich gefaltet und säuberlich zu Bergen gestapelt im Schrank.
Woche 1
In der ersten Woche empfand ich die kleine Auswahl als Erleichterung. Ich sage es ganz ehrlich, ich habe die Qual der Wahl nicht vermisst. Jeden Morgen präsentierten sich nach dem Duschen zwei oder drei Möglichkeiten, die zum Wetter und zur Laune passen (Ja, manchmal ist mir nicht nach dem gelben Shirt, das nach guter Laune schreit). Und somit war die morgentliche Entscheidung über die Kleidungswahl schnell gefällt.
Woche 2
Ab Ende der ersten Woche wurde die Anzahl leerer Kleiderbügel größer. Und das zog sich dann über den ganzen Zeitraum der 30 Tage:
Am Ende der Woche fehlten meist ein oder zwei kurzärmelige Oberteile und mindestens ein T-Shirt für den Sport. Die Waschmaschine läuft bei mir meistens ein bis zweimal am Wochenende. So musste ich immer eine Woche mit 30 Teilen ohne Waschen auskommen.
Anfangs störte es mich noch wenig. Aber schon bald danach wollte ich mal wieder etwas anderes anziehen als die selben 5 Oberteile.
Woche 3
Nach zwei Wochen begann das Wetter, umzuschwingen. Aus den regnerisch grauen Mai-Tagen wurde plötzlich ein warmer Juni-Beginn, der in heißen, schweißtreibenden Hochsommertagen mündete.
Als ich meine Mama am ersten heißen Wochenende seit Beginn der Challenge besuchte, und ihr, in langen Jeans schwitzend durch die Shoppingstraße schlendernd, erklärte was ich da gerade ausprobiert, meinte sie nur: „Da muss man doch eine Ausnahme machen können, das konntest du ja nicht ahnen, dass es plötzlich so heiß wird!“ Und so machte ich das auch.
Es wurde mir zu viel, und ich tauschte eine der DREI langen Hosen, die ich anfänglich gewählt hatte, in eine kurze Hose.
Und ich bereute, meine anfängliche Wahl unüberlegt und schnell getroffen zu haben. Denn durch den Bruch meiner eigenen Spielregeln fühlte ich mich inkonsequent.
Woche 4
Ich gebe zu, nach einer weiteren Woche war ich auch deutlich genervter von der Sportshirt-Situation.
Kurzerhand beschloss ich, zwei Sportshirts aus meinem Schrank dazuzunehmen. Und das Problem war gelöst.
Die Entscheidung, Funktionskleidung in die Zählung der Auswahl geschlossen zu haben, war unpassend gewesen. Ich besitze nicht mehr Sportoberteile, als ich an einer Hand abzählen kann. Minimalistischer könnte es gar nicht sein.
Mein Fazit
Die meiste Zeit zog ich die selben 5 Oberteile im Wechsel an. Die dicken, langärmeligen Pullis blieben weitestgehend unberührt, und ständig war die Hälfte aller Bügel frei, weil sich die meisten Sachen in der Wäsche befanden.
Nach etwa 3 Wochen sehnte ich mich wirklich nach meiner Auswahl. Aber interessanterweise fast gar nicht nach spezifischen Kleidungsstücken. Da war nur das T-Shirt mit einer Schüssel Ramen-Suppe drauf, an das ich manchmal sehnsüchtig dachte.
Es war einfach viel mehr der Luxus, jeden Tag die Entscheidung treffen zu können, etwas anderes anzuziehen als sonst. Obwohl ich vor der Challenge genau das meistens nicht getan habe:
Sonst habe ich morgens zu 90% eines meiner 10 bequemen, lockeren und modischen, weder zu abgehoben noch zu lässig wirkenden Teil ausgewählt. Und fast nie die extravagante Kleidung.
Es ist ein Luxusproblem, eine Auswahl von Kleidung besitzen zu müssen, die man fast nie trägt. Einfach um die Wahl zu haben, sie an seltenen Tagen doch aus dem Schrank zu ziehen.
Letztendlich werden die meisten Teile wohl nie so viel getragen, wie sie es Wert wären. Nicht nur im Bezug auf das Geld, das wir für sie ausgeben. Sondern auch, weil durch die Produktion jedes Kleidungsstückes eine gigantische Umweltbelastung* entsteht. Zuletzt ist der gängige Konsum achtlos und ignorant gegenüber den Menschenrechten: die Näher(innen) in armen Ländern verdienen wohl kaum das, was sie für ihre Arbeit bekommen sollten.
Ich weiß den Luxus jetzt besser zu schätzen, und das zu lernen, hat mich 30 Tage gekostet. Aber obwohl mich die Beschränkung während der Challenge auch schon öfters genervt hat, würde ich es wieder tun. (Allerdings überlegter und mit einem durchdachteren Plan!)
Ich habe mir Kleiderkreisel runtergeladen, und werde demnächst anfangen, ein paar alte Kleidungsstücke zu verkaufen.
Und das nächste Mal, wenn ich Lust auf einen Shopping-Tag habe, schaue ich vorher einmal in meinem Schrank, um mich daran zu erinnern, wie viele tolle Kleidungsstücke ich besitze.
* Ein paar Worte zur Umweltbelastung durch die Textilindustrie
Beim Anbau der Fasern für Textilien wird die Umwelt stark durch den Einsatz von Pestiziden und Düngmittel verunreinigt.
Durch den hohen Wasserbedarf beim Anbau von Baumwolle besteht die Gefahr von Austrocknung der Gebiete. (Es werden 3.600-26.900 m³ Wasser pro Tonne Baumwolle benötigt!)
Viele Kleidungsstücke sind jedoch gar nicht aus Baumwolle (oder nur zu Teilen aus Baumwolle) hergestellt. Die stattdessen verarbeitete Kunstfaser wird aus unserer begrenzten, immer kleiner werdenden Ressource Erdöl erzeugt.
Bei der Verarbeitung der Textilien kommt es zur Verunreinigung von Wasser durch Chemikalien (beispielweise im Prozess der Einfärbung). Diese lassen sich nur schwer und nicht wieder vollständig aus dem Wasser abbauen.
Durch den hohen Energiebedarf bei der Herstellung erzeugt die Textilbranche mit jährlich 1,7 Milliarden Tonnen CO2 einen großen Teil der weltweiten Emissionen.
Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/industriebranchen/textilindustrie#die-umweltauswirkungen-der-textilindustrie-
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